Nr. 20: Mimulus - Die Tapferkeitsblüte



Kraftformel:

Ich bin tapfer.

Ich wage es.

Ich trete vor.

Kurze Charakteristik

Für Menschen, die vor irgend etwas Angst haben oder allgemein zu ängstlich sind.

 

Einsatzbereich

Zur Basisbehandlung bei: Neigung, sich schnell oder übertrieben zu fürchten. Bei allen krankhaften Störungen, die mit Furcht (bestimmten, definierbaren Ängsten) einhergehen oder davon ausgelöst wurden. Im täglichen Leben bei: Unnötiger Furcht, Ängstlichkeit, Zaghaftigkeit, Schüchternheit.

 

Ursprung und Bild des Mimulus-Syndroms

Die Anlage besteht in einer großen Empfindsamkeit und Verletzlichkeit.

 

Bei harmonischer Entwicklung entsteht daraus ein ausge­sprochen sensibler und verletzlicher Mensch, der nicht nur Freude, sondern vor allem auch Schmerzen stärker als andere empfindet. Diese ausge­prägte Feinfühligkeit veranlaßt ihn, instinktiv und ununterbrochen alle Lebensumstände darauf­hin zu überprüfen, ob sie ihm Leid bereiten könnten.

 

Sobald etwas unangenehm zu werden droht, ergreift er wirk­same Gegenmaßnahmen oder zieht sich geschickt zurück. Auf diese Weise vermeidet er sicher und elegant Schmerzen und Leiden jeder Art. Da man ihm nicht anmerkt, wie auf­merksam er alles, womit er zu tun hat, auf eventuelle Ge­fährlichkeit untersucht und wie sensibel er darauf reagiert, gilt er allgemein als mutig. Dieser Eindruck wird dadurch verstärkt, daß er auch die Leiden anderer Menschen bekämpft – allerdings vor allem in seinem eigenen Interesse, weil sie ihn genauso stark berühren wie seine eigenen.  Unter ungünstigen Umständen kann diese große Empfind­samkeit in übertrie-

bene Ängstlichkeit umschlagen. Statt leiderzeugende Situationen zu vermeiden oder sofort zu neutrali-sieren, erzeugt er sie oft selbst, indem er sich – von früheren schmerzlichen Erlebnissen traumatisiert – immer wieder furchterregende Situationen vorstellt. Diese Gewohn­heit verstärkt mit der Zeit seine Furchtsamkeit zu einem allgemeinen, unbegründeten und peinigenden Angstgefühl, das seine Psyche dadurch zu entschärfen versucht, daß sie es rationalisiert und auf bestimmte Umstände oder Objekte be­zieht; dadurch läßt es sich wenigstens überschauen und ab­grenzen. Dennoch sind auch diese gezielten Ängste sehr quälend, weil übertrieben oder sachlich nicht gerechtfertigt. Typische Mimulus-Menschen fürchten sich fast ständig vor irgend etwas und sind deshalb in ihrer Lebensgestaltung stark eingeschränkt. Abenteuer oder Risiken jeder Art sind ihnen ein Gräuel; alles, was neu für sie ist, jagt ihnen Angst ein. Ihre unkontrollierte, lebhafte Phantasie malt ihnen dabei ständig irgendwelche Schrecken oder Leiden aus, die wie Gespenster vor ihnen stehen und sie immer wieder in den sicheren Winkel ihres gewohnten Lebens treiben. Empfind­same Kindern neigen besonders hierzu, weil sie weder die körperliche noch die geistige Kraft besitzen, sich mit den möglichen Gefahren der ihnen unbekannten Welt auseinanderzusetzen. Manchmal überspielen Mimulus-Menschen ihre Ängstlichkeit durch betont forsches oder sicheres Auftreten, normalerweise aber gehören sie zu jenen, die sich sagen: »Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um!« – statt »Wer wagt, gewinnt!«

 

In den Mimulus-Zustand können gelegentlich auch mutige Menschen geraten, wenn sie ein bestimmtes, leider-

zeugen­des Erlebnis geistig nicht verarbeiten können. Ihr Weltbild wird dann so verzerrt, daß sie – zumindest bei bestimmten Gelegenheiten – übertrieben vorsichtig und ängstlich werden. »Gebranntes Kind scheut das Feuer«, sagt der Volksmund dazu.

 

Wirkungsrichtung der Mimulus-Essenz

Mimulus ist das Mittel gegen Ängstlichkeit. Es baut reale Ängste ab, fördert die Fähigkeit, Gefahren richtig und ver­nünftig einzuschätzen, und macht allgemein mutiger. Mimu­lus sollte als Zusatztherapie immer dann gegeben werden, wenn eine Krankheit durch Angst verursacht wurde oder verstärkt wird. Es ist besonders für Kinder, die sich vor allen neuen Situationen fürchten, geeignet.

 

Psychologisch-therapeutische Anmerkungen

Wenn sich ein Mensch bedroht fühlt, mobilisiert sein Or­ganismus Energie und gerät in einen Spannungszustand, um ihm Abwehr oder Flucht zu ermöglichen. Gelingt dies, so tritt Entspannung ein. Andernfalls entwickelt sich ein innerer Überdruck, der – je länger er andauert und je stärker er ist – um so mehr innere Enge, das heißt: Angst, hervorruft.

 

Je nachdem, worin die Bedrohung besteht, lassen sich zwei Formen von Angst unterscheiden:

 

  • die unmittelbare, unreflektierte und überwältigende (Todes)-Angst, die jedes Lebewesen bei akuter Lebensgefahr empfin­det und die dem der belebten Materie innewohnenden grund­sätzlichen Wissen um den Tod entstammt,
  • die »theoretische« Erwartungs-Angst, die dadurch entsteht, daß man Leid erwartet oder sich leider-zeugende Umstände vorstellt. Diese Angst hat keine realistische Grundlage, da Vorstellungen und Erwartungen ja nur Theorie und immer ungewiß sind. Sie ist eine Abwehrreaktion gegen wieder auflebende Erinnerungen an früheres Leid und erzeugt selbst Leid. Unter ihr leiden oft die empfindlichen, zum Mimulus-Typ gehörenden Menschen. Ihnen geht jede Leidens-Erfahrung so tief unter die Haut, daß ihr ganzes Fühlen davon durchsetzt wird und sie, wie bei einer Allergie, schon bei kleinsten An­lässen mit unbegründeter und übertriebener Angst reagieren. Meist genügt dazu bereits die bloße Vorstellung von Ge­fah­ren oder Leiden. Diese Form der Angst ist deshalb so proble­matisch, weil sie sich – im Gegensatz zur realistischen Angst – nicht durch praktische Gegen-Maßnahmen bekämpfen läßt. Sie ist wie ein Gespenst, auf das man einschlagen kann, ohne es wirklich zu treffen. Sie fesselt und lähmt, weil sie irrational ist, und kann nur durch Bewußtwerdung und geistige Klarheit überwunden (oder wenigstens reduziert) werden.


Dazu beste­hen im wesentlichen folgende Möglichkeiten:

 

  • Man neutralisiert die negative, angsterregende Erwartung, indem man ihr eine positive entgegen-setzt. Hierzu sind Heils-Erwartungen, zum Beispiel der Glaube an eine rettende Macht oder an eine Erlösung im Jenseits, geeignet. Auf dieser Taktik beruht der mächtige Einfluß der meisten Religionen: Nachdem sie dem Menschen zunächst die Angst in die Seele eingepflanzt haben, bieten sie ihm Rettung und Erlösung an, wenn er sich ihnen anvertraut. Viele verängstigte Menschen greifen nach diesem Rettungsring, ohne den sie nicht weiterleben könnten. Dabei wird die Angst allerdings nur verdrängt und taucht sogleich wieder auf, wenn die »Kraft des Glaubens« nachläßt.
  • Man gewöhnt sich an, angsterregende Vorstellungen oder Situationen nüchtern und realistisch zu analysieren, negative Erwartungen einer genauen Überprüfung zu unterwerfen und als Hirngespinste zu entlarven. Dabei ersetzt bzw. verdrängt man das Irrationale durch Rationalität, was allerdings nur bei starker geistiger Disziplin gelingt.
  • Man flieht nicht vor der gefürchteten Situation, sondern durchlebt sie bewußt und stellt dabei fest, daß alles gar nicht so schlimm ist und das erwartete Leid nur ein Phantasie­gebilde war. Dies gelingt aber nur, wenn man bereits über einen gewissen grundsätzlichen Mut verfügt und die Ängste nicht zu tief sitzen.
  • Man versucht das, wovor man sich fürchtet, in einem an­deren Licht zu sehen, grundsätzlich eine weniger abwehrende Haltung einzunehmen und dem Leben mit Vertrauen zu be­gegnen. Dieses » Ur-Vertrauen« ist das wirksamste und soli­deste Gegenmittel gegen Ängste jeder Art.

 

Wenn man die Gewißheit besitzt, daß alles in unserer Welt wohlbestellt ist, daß jedes Leid vorübergeht und letztlich heilbringend ist, kann man eine grundsätzlich positive Ein­stellung entwickeln, aus der heraus man auch, wie bei einer heilenden Operation, Schmerzen auf sich nehmen kann, ohne wirklich zu leiden.

 

Wichtig ist dabei auch ein vertrauensvolles Verhältnis zum Tod, denn im Grunde spielt er bei jeder Angst eine gewisse Rolle. Der Mensch fürchtet ihn, weil er ihn für den großen, endgültigen Verlust hält, und er fürchtet den Verlust, weil er gewöhnt ist, ihn mit Leiden in Zusammenhang zu bringen: Verlust der Gesundheit bedeutet Krankheit, des Besitzes Armut, des Partners Einsamkeit, des Lebens das Ende. Man muß sich klarmachen, daß Verlust und Tod aber auch – wie beim aus der Asche aufsteigenden Vogel Phönix – Gewinn und Neubeginn bedeuten, wenn auch vielleicht auf einer anderen Seins-Ebene.


Mut besteht nicht darin, sich unüberlegt und tollkühn in Abenteuer zu stürzen, sondern in der Bereitschaft, gegen die eigene Angst zu kämpfen. Mutige Menschen durchleben ihre Ängste bewußt und wagen dennoch das, wovor sie sich fürchten. Die hierzu erforderliche, oft übermenschlich anmu­tende Kraft entsteht ihnen aus dem Vertrauen in einen über­persönlichen, ewigen Wert – zum Beispiel in eine große, hu­manitäre Idee, in eine Beru-

fung, in die Weisheit eines letztlich heilbringenden Schicksals oder in einen allmächtigen und wohlwollenden Gott. Der Mimulus-Mensch, der aufgrund seiner Empfindlichkeit so sehr zur Angst neigt, kann, wenn er sich ihr stellt und sich be­müht, sein Leben ohne dauernde Absicherung und Selbstbe­trug zu leben, einen ganz außer-gewöhnlichen Mut entwickeln. Seine Schwäche ist, wenn er sie umzuformen versteht, der Grundstoff zu wahrer Stärke.

 

Häufige Kombinationen mit anderen Mitteln

Agrimony (20+1): Geheime Angst

Aspen (20+1): Totale (undefinierbare) Ängstlichkeit

Beech (20+3): Toleranz aus Ängstlichkeit

Centaury (20+4): Ängstliche Unterwürfigkeit

Cerato (20+5): Ängstliche Unsicherheit

Cherry Plum (20+6): Schwerer Angstkonflikt

Chicory (20+8): Ängstliches Anklammern

Crab Apple (20+10): Übertriebene Angst vor Unsauberkeit

Elm (20+11): Plötzliche Versagensangst

Gentian (20+12): Nachgiebigkeit und Ängstlichkeit

Heather (20+14): Aufdringlichkeit aus Furcht vor Einsamkeit

Holly (20+15): Ängstliche Gereiztheit

Honeysuckle (20+16): Flucht in die Vergangenheit aus Ängstlichkeit

Hombeam (20+17): Versagensängste

Impatiens (20+18): Ängstliche Unruhe

Larch (20+19): Ängstlichkeit durch mangelndes Selbstvertrauen

Olive (20+23): Verängstigt und erschöpft

Pine (20+24): Angst vor Schuld

Red Chestnut (20+25): Ängstliche Überfürsorge

Rock Rose (20+26): Ängstlichkeit mit Paniktendenz

Scleranthus (20+28): Angstbedingte Entscheidungsunfähigkeit

Star of Bethlehem (20+29): Ängstlichkeit durch psychisches Trauma

Walnut (20+33): Beeinflußbarkeit aus Ängstlichkeit

White Chestnut (20+35): Ängstliche Zwangsgedanken