Kraftformel:
Ich lasse los.
Ich gebe Raum.
Ich erkenne das Mass.
Kurze Charakteristik
Für Menschen, die anderen ihre Überzeugungen mit missionarischem Eifer aufdrängen.
Einsatzbereich
Zur Basisbehandlung bei: missionarischen Tendenzen, intolerantem Idealismus, Weltverbesserei, fixen Ideen, starren Prinzipien und Überzeugungen, Fanatismus, blindem Glaubenseifer. Alle krankhaften Störungen, die mit Übereifer oder missionarischer Aufdringlichkeit einhergehen oder davon ausgelöst wurden. Im täglichen Leben bei: Aufdringlichkeit, übertriebenem Enthusiasmus, Einseitigkeit, Vorurteilen, Maßlosigkeit, Streß, Nervosität, Spannung.
Ursprung und Bild des Vervain-Syndroms
Die Anlage ist extrovertiert und besteht aus menschenfreundlichem Idealismus, zielgerichtetem Denken, Willensstärke und Dominanzbedürfnis.
Bei harmonischer Entwicklung entsteht daraus ein begeisterungsfähiger, einsatzfreudiger Idealist, der sein Können und Wissen anderen gerne zur Verfügung stellt. Er hat einen Blick dafür, was seine Mitmenschen brauchen, und ist stets bereit, ihnen dazu zu verhelfen. Seine menschenfreundliche, uneigennützige Lebens-haltung verbindet sich mit Unternehmungslust und Willensstärke, so daß er außergewöhnliche Leistungen zum Wohle anderer zu vollbringen pflegt. Weil er wünscht, daß es ihnen gut geht, käme es ihm nie in den Sinn, ihnen seine persönliche Meinung aufzudrängen, sie gewaltsam zu seinen eigenen Vorstellungen zu bekehren oder sie geistig zu unterjochen. So setzt er auf lebendige und gelungene Weise die Missions-Idee in die Tat um: sich berufen und gesandt zu fühlen, die Bedürftigen am eigenen Reichtum teilhaben zu lassen und ihnen das zu bringen, was sie für Leib und Seele benötigen, sich zugleich aber davor zu hüten, ihnen etwas aufzuzwingen, was ihnen schadet.
Unter ungünstigen Umständen kann der Idealismus zu Intoleranz, die Hilfsbereitschaft zur Aufdringlichkeit und die natürliche Überlegenheit zur Herrschsucht entarten und den Vervain-Menschen zum
unduldsamen Weltver-
besserer oder fanatischen Missionar machen. Von Natur aus auf Erfolg eingestellt und von einem gewissen Sendungsbewußtsein getrieben, kann ihm die Sensibilität für die Eigenarten anderer
Menschen verlorengehen, so daß er es nicht lassen kann, ungebeten in ihr Leben einzugreifen oder ihnen das, was er selbst gut findet, aufzudrängen. Gerade weil er es »doch so gut meint«, handelt
er falsch und wird dann zu Recht als aufdringlich, intolerant oder fanatisch empfunden. Selbst wenn er körperlich nicht robust ist, mobilisiert er oft unter dem Zwang einer Idee oder Mission
ungewöhnliche Kräfte. »Rastlos und nicht kaputtzukriegen«, sagen die Leute dann von ihm. Er besitzt eine bewundernswürdige Hingabe- und Konzentrationsfähigkeit, die sich allerdings nur auf das
jeweilige Ziel bezieht.
Dem allgemeinen Leben in seiner Vielfalt, Wandelbarkeit und Widersprüchlichkeit steht er dagegen eher hilflos gegenüber und tut sich schwer damit, sein Engagement danach auszurichten, ob seine Ideen und Absichten tatsächlich realisierbar und sinnvoll sind. Vor allem moralisch hochstehende Werte können sein Denken und Handeln weitgehend in ihren Bann ziehen. Unter Verlust des rechten Augenmaßes verfolgt er dann wie beses-
sen ein selbstgesetztes Ziel oder versucht mit missionarischem Eifer durchzusetzen, was er selbst für gut hält. Dabei entsteht ein Ungleichgewicht sowohl in seinem Inneren: Es gibt ja auch für ihn noch mehr als nur dieses eine Ziel oder diese Idee, als auch in seinem äußeren Leben: Die Realität hat ihre eigenen Gesetze, und auch die Menschen wehren sich gegen aufgedrängtes »Glück«. So richtet sich schließlich das Übermaß an falsch eingesetzter Kraft gegen ihn selbst und macht ihn hektisch, verspannt, schlaflos, nervös oder gestreßt, ohne daß er selbst merkt, wie übertrieben oder fanatisch, aufdringlich oder intolerant er geworden ist.
Wirkungsrichtung der Vervain-Essenz
Vervain ist das Mittel gegen streßerzeugenden Übereifer und missionarische Aufdringlichkeit. Es hilft, die Einstellung anderer Menschen zu respektieren und sie auf ihre eigene Weise glücklicher leben zu lassen. Es erweitert den Horizont und vermittelt die Erkenntnis, daß man selbst auch die Wahrheit nicht »mit Löffeln gegessen« hat. Zugleich verhindert es, daß Einsatzfreude und Tatendrang sich selbständig machen und Streß erzeugen. Daher wirkt es in entsprechenden Fällen auch gegen nervöse Spannungen, Schlaflosigkeit, Bluthoch-
druck oder Verkrampfungen und kann bei chronischer Überforderung oder ununterbrochenem Sympathikotonus die heilende Entspannungsphase einzuleiten helfen.
Psychologisch-therapeutische Anmerkungen
Das Problem des Vervain-Menschen besteht darin, daß gerade seine größte Tugend, nämlich die idealistische Hilfsbereitschaft, zu maßlos und oberflächlich geworden ist. Hierfür ist einerseits
unsere weitgehend sinnent-
leerte Kultur verantwortlich, die den Menschen nicht dazu erzieht, sich selbst zu finden und seinen Wahrheits-
sinn zu entwickeln (Wahrheit nicht im moralischen Sinne, sondern als das, was wirklich ist), und andererseits er selbst, da es ihm nicht gelingt, seine große Energie und Einsatzfreude sinnvoll und effektiv einzusetzen. Jedenfalls sollte er sich über die Bedeutung von Ideal und Hilfe klarer sein.
»Ideale« sind im Grunde Kunstprodukte einer unzufriedenen Psyche. Wenn uns die Realität unseres Leben nicht das bietet, was wir wünschen, ersetzen wir sie oft durch eine ausgedachte bessere –
durch ein phantastisches Bild, in das wir ganz einseitig nur jene Aspekte einzeichnen, die uns angenehm oder gut erscheinen. Alles ver-
meintlich Schlechte oder Unerfreuliche wird dabei ausgeblendet. Wenn wir dieses aus wahren und unwahren Elementen bestehende Bild als das nehmen, was es ist: Theorie und Denkmodell, so
bereichert es uns seelisch, gibt dem Leben Farbe und jenen Tendenzen Nahrung, die uns auf den eigenen Weg leiten. Dagegen führt es uns, wenn wir ihm unkritisch folgen, in die Irre, weil ja nur
ein Teil daran stimmt.
Wir werden dabei in der Tiefe unseres Wesens nur noch unzufriedener und geraten in einen noch tieferen Kon-
flikt mit dem »un-idealen« Leben, das wir – trotz allen Idealvorstellungen – nun einmal führen müssen.
Während Ideale, die wir nur auf uns selbst beziehen, noch eine gewisse Elastizität besitzen und von unserer Psyche ganz instinktiv bis zu einem gewissen Grade der Realität angepaßt werden, fehlt jenen Idealen, die wir nach außen, auf die Welt und vor allem auf andere Menschen projizieren, dieses regulierende Element. Sie sind wesentlich theoretischer, weil sie hauptsächlich dem Verstand entspringen, und machen uns daher oft hart und intolerant. Vor allem in der Erziehung, wo sie zu Dogmen, oder in der Politik, wo sie zur Ideologie werden, können sie unheilvoll wirken.
Auch der extrovertierte Idealismus des Vervain-Menschen hat diese Komponente, so daß dieser in die Rolle des zwar von gutem Willen beseelten, dennoch für das »Opfer« schädlich wirkenden Missionars verfällt. Von sich auf den Rest der Welt schließend, meint er, was für ihn richtig ist, gelte auch für andere, und versäumt es, den Wert und die Berechtigung seines Handelns statt an seinem eigenen Vergnügen primär am Wohlergehen seines Objektes zu überprüfen.
Er überschätzt die Bedeutung seiner Überzeugungen, Ideale und Ziele, weil er sie an die Stelle der Lebensreali-
tät setzt; er mißachtet die Eigenart und berechtigte Andersartigkeit anderer Menschen, weil er zu sehr von sich auf andere schließt; er übertreibt seinen Krafteinsatz, weil seine Ideen und Wünsche ihm den klaren Überblick nehmen. Aus dieser eingeschränkten Sichtweise ergibt sich seine Intoleranz.
Dazu kommt noch, daß er meint, Hilfe bestehe darin, anderen Menschen ihre Probleme abzunehmen. Wie bei seinem Idealismus geht er davon aus, daß etwas, was er selbst gerne hätte, auch für andere wünschenswert sein müsse. Seine große Einsatzfreude und sein begeisterter Tatendrang verlangen danach, ausgelebt zu werden und treiben ihn dazu, jedem seine guten Ratschläge und seine Hilfe aufzudrängen. Es kommt ihm gar nicht in den Sinn, daß jemand etwas anderes sucht und braucht, und er ignoriert, daß vorschnelle, wohlfeile Hilfe – trotz ihrer vordergründigen Annehmlichkeit – schädlich wirkt, weil sie den »Hilflosen« um die Chance betrügen, sich aus eigener Kraft zu helfen und damit stärker zu werden. Dazu schädigt er sich auch noch selbst, da er, von Kraft und Begeisterung hingerissen, die vielfältigen inneren und äußeren Signale mißachtet, die ihm sein getriebener und überforderter Körper in Form von Streß-Symptomen gibt. Es kommt daher für ihn darauf an, Gelassenheit und Abstand – vor allem von sich selbst – zu gewinnen und bewußt seine positiven Seiten: die große, selbstlose Einsatzfreude, die edle Motivation, die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit sinnvoll, maßvoll und nutzbringend auszuleben.
Häufige Kombinationen mit anderen Mitteln
Holly (15+31): Reizbarer Weltverbesserer
Impatiens (18+31): Streß und Hetze
Oak (22+31): Streß durch Leistungszwang
Vine (31+32): Total intolerantes Verhalten
White Chestnut (31+35): Fixe Ideen
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