Nr. 1: AGRIMONY - Die Ehrlichkeitsblüte

 

Kraftformel:

Ich fühle Frieden.

Ich bin ehrlich.

Ich zeige mich.

Kurze Charakteristik

Für Menschen, die sich nicht zur Wahrheit bekennen können und Konflikten aus dem Wege gehen. Aus Angst vor schmerzlichen (inneren oder äußeren) Auseinan­der­setzungen ver­su­­chen sie ihre wahren Gefühle (Ängste, Aggres­sionen oder Leiden) aus ihrem Bewußtsein zu verdrängen und nach außen hinter gespielter Un­bekümmertheit oder Lustigkeit zu ver­bergen.

 

Einsatzbereich

Zur Basisbehandlung bei: Angst vor Auseinandersetzungen und Konflikten; Unehrlichkeit und Künstlichkeit; geheimen inneren Konflikten und Seelenpein; psychischen Komplexen; Tendenz zu Verdrängung und Überspielung von persönlichen Problemen; Anfälligkeit für Alkohol- und Drogen-mißbrauch; Verkrampfungen und Verspannungen.  Alle krankhaften Störungen, die mit Verkrampfung, Hem­mungen, Konfliktangst, Unehrlichkeit, künstlichem Verhalten oder Überempfindlichkeit einher-gehen oder davon ausgelöst wurden.

 

Im täglichen Leben bei: Künstlichkeit, Schauspielerei, »Maske«, »Keep smiling«, Unehrlichkeit, Verlegenheit, Hemmungen, Verkrampfung, innerer Rastlosigkeit, Über­empfindlichkeit gegen Schmerzen, Abhängigkeit von ent­spannenden Mitteln oder Getränken.

 

Ursprung und Bild des Agrimony-Syndroms

Bei harmonischer Entwicklung entsteht daraus ein Mensch, der instinktiv Leiden jeder Art meidet. Das gelingt ihm auf die denkbar natürlichste Weise: er entschärft Probleme dadurch, daß er sie als Lebensrealität akzeptiert und das Beste aus ihnen macht. (Leiden entsteht ja dadurch, daß die Realität ignoriert, verfälscht oder bekämpft wird.) Spontan, natürlich und nie auf Konfrontation eingestellt, versucht der harmo­nisch entwickelte Agrimony-Mensch, weder Unangenehmes zu vertuschen oder zu verfälschen noch Schwierigkeiten zu verdrängen oder ihnen auszuweichen. In den Widrigkeiten des Lebens verliert oder verleugnet er sich nicht; wenn es sein muß, beugt er sich der Schicksalsgewalt wie das Schilf­rohr dem Sturme: elastisch und mit natürlicher Anmut, ohne von ihr geknickt oder beschädigt zu werden. Kritische Kon­stel­lationen, die für negativ eingestellte Menschen zur Kata­strophe werden, gehen an ihm angesichts seiner positiven Haltung wie ein harmloser Spuk vorbei. So bleibt er stets er selbst: natürlich, ungekünstelt, spontan und lebensfroh. Da seine besondere Stärke darin besteht, in allem – auch dem scheinbaren Unglück – die (immer vorhandene) positive Seite zu erkennen und sich instinktiv an die »Schokoladenseite« des Lebens zu halten, ist sein Leben immer erfreulich. Oft scheint es, als spiele er im Theater des Lebens die Rolle des Unbeschwerten, vom Glück Begünstigten. Tatsächlich besitzt er auch ein ausgeprägtes Schau­spieler­talent; dieses ist aber so seinem Wesen verwurzelt, daß alles, was er »spielt«, immer nur Ausdruck seiner eigenen, lebensfrohen Anlagen, nie aber eine fremde, künstliche Rolle ist. So ist er wegen seiner Natürlichkeit, seiner Unbeschwertheit, seiner Friedfertigkeit und seiner optimistischen Einstellung überall gerne gesehen.

 

Unter ungünstigen Umständen können seine Empfindsamkeit zur Überempfindlichkeit entarten, sein Bedürfnis nach Le­bens­freude zur Realitätsflucht, seine Schauspielerei zur Heu­chelei werden. Der Agrimony-Mensch kann und will nicht lei­den, was für ihn besonders schwierig ist, weil seine Fein­füh­ligkeit ihn alles Unangenehme übertrieben schmerzlich empfinden läßt. So geht er aus Furcht vor Leiden feige allem Unangenehmen, allen Konflikten und jedem Streit aus dem Wege, und zwar auch dann, wenn eigentlich nur eine auf­rechte und ehrliche Auseinandersetzung in Frage käme. Gelingt ihm dies nicht, so ignoriert er die Problematik einfach und tut so, als wäre alles in bester Ordnung. Der bewußten Auseinandersetzung mit Problemen, Ängsten und Konflikten ausweichend, ersetzt er sie, obwohl sie ihn weiterhin unter­bewußt belasten, durch Bilder aus einer künstlich heilen Welt. Er trägt die Maske des fröhlichen, unbeschwerten Zeitge­nossen, gibt sich gutgelaunt und optimistisch, obwohl ihm in Wirklichkeit ganz anders zumute ist, reißt Witze, während er innerlich leidet, macht anderen Mut, während ihm das Herz längst in die Hose gerutscht ist, oder erkundigt sich locker nach dem Befinden seines Arztes, während er sich selbst schwer krank weiß. Er versucht, wie ein Schauspieler in einer falschen Rolle, sich selbst und anderen etwas vorzumachen, und das fröhliche Gesicht, das er zur Schau stellt, entspricht in Wirklichkeit der lachenden Maske des weinenden Clowns. »Immer nur ablenken, nur nicht daran rühren!« heißt seine Devise, »Keep smiling!«: bloß nicht zeigen, wie es innen aus­sieht. Das gelingt natürlich nur sehr oberflächlich, denn die verdrängten Probleme fressen, wie Rost an einem schlecht übermalten Stück Eisen, ständig an seinem Lebensgefühl und verursachen ihm, während er sich unbeschwert gibt, Ängste und Depressionen. Je mehr er nach außen Frieden und Fröh­lichkeit vorzutäuschen versucht, um so mehr verliert er sie in seinem Inneren, und um so unnatürlicher und verkrampfter wirkt er. Dabei kann er mit der Zeit, um sich wenigstens vor­übergehende Erleichterungen zu verschaffen, süchtig werden – auf Zerstreuung oder Vergnügung, Fresserei oder Arbeit, Alkohol oder Rauschgift. (Übrigens bewirkt ja Alkohol bei vielen Menschen ein typisches Agrimony-Syndrom; ihre Sorgen verschwinden, sie werden unnatürlich gesellig und lustig, zugleich aber unfähig zu ernsthaften Kontakten oder tragenden Erkenntnissen.)

 

Analog zu seinem seelischen Zustand leidet er oft unter Schlafstörungen, Ruhelosigkeit, Krämpfen, Verspannungen oder Schmerzzuständen.

 

Wirkungsrichtung der Agrimony-Essenz

Agrimony ist das Mittel für Natürlichkeit und Ehrlichkeit. Es wirkt gegen die Gewohnheit, Probleme leichtfertig zu verdrängen oder zu meiden, und weckt den Wunsch nach mehr Ehrlichkeit sich selbst und anderen gegenüber. Mit Agrimony wird man offener und entspannter, zugleich aber auch konfliktfähiger, so daß man sich, wenn nötig, unange­neh­men Situationen zu stellen wagt.

 

Agrimony ist eine der wichtigsten Bach-Blüten und wird fast von jedem Menschen benötigt. Es sollte bei jeder Psycho­therapie genommen beziehungsweise gegeben werden, weil es durch Stärkung des Wahrheitsbedürfnisses dem Patienten hilft, sich besser kennen­zulernen und dem Therapeuten ge­genüber offener zu sein. Allerdings kommt es dabei aufgrund des Abbaus gewohnter psychischer Schutzmechanismen oft vor, daß die verdrängten Ängste vorüber­gehend aktiver wer­den und eine unbewußte Gegenwehr hervorrufen: man fürchtet, »nackt« und ungeschützt dazustehen. In dieser Phase wird oft das Fläschchen mit der Essenz verlegt, aus­geschüttet oder zerbrochen – natürlich »ganz aus Versehen« – oder die Therapie abgebrochen. Diese Reaktion kann durch Walnut abgefangen werden, das die eigentliche, unter der Agrimony-Tarnung verkümmerte Persönlichkeit stärkt. Ganz allgemein und unabhängig von der Art des Leidens hat Agrimony, wenn Kranke ihre Beschwerden bagatellisieren oder geheimhalten wollen, einen positiven Einfluß auf den ganzen Krankheitsverlauf. Indem es ängstliche oder künst­liche Krampf­haltungen löst, hilft es oft bei schweren Schmerz­zuständen, rheuma­tischen Beschwerden, Ver­stopfung, Schlafstörungen oder innerer Unruhe.

 

Psychologisch-therapeutische Anmerkungen

Die Agrimony-Problematik bezieht sich auf zwei wichtige psychische Funktionen, die unser Überleben zu sichern helfen: Verdrängung und Lüge. Die Verdrängung schützt uns vor den Folgen unserer eigenen, menschlichen Unvoll­kom­menheit und Schwäche.

 

Denn wenn wir nicht den größten Teil unserer Wahrneh­mun­gen und Erkenntnisse ignorieren und verdrängen würden, so wären wir keines klaren Gedankens, keiner sinnvollen Hand­lung fähig, und wenn wir die ganze Wahrheit über uns wüßten, so würden wir zerbrechen. Daher filtert unsere Psyche laufend aus den unzähligen Informationen, Eindrücken und Erkennt­nis­­sen, die auf uns einwirken, nur jene heraus, die wir mo­men­tan verarbeiten können, und legt den großen Rest im Archiv des Unterbewußten ab, wo er so lange unter Verschluß bleibt, bis wir reif dafür geworden sind.

 

Die Lüge aber schützt uns vor der Mißgunst und dem Unver­ständnis unserer Mitmenschen. So lernen wir schon als kleine Kinder um unseres Überlebens willen zu heucheln und zu lügen, das heißt: uns zu »benehmen«, »anständig« zu sein und »mit den Wölfen zu heulen«. Würden wir uns immer so geben, wie wir tatsächlich sind, offen sagen, was wir eigent­lich meinen, oder rücksichtslos tun, wonach es uns verlangt, dann hätten wir nur geringe Über­lebenschancen in unserer Welt, in der im Grunde das Dschungelrecht herrscht. Wer es da­gegen versteht, nirgends anzuecken und stets gutgelaunt zu erscheinen, ist gern gesehen, selbst wenn er, wie der Agrimony-Mensch, nur Theater spielt.

 

Dennoch – so hilfreich und vertretbar Verdrängung und Lüge unter bestimmten Bedingungen auch sein können, letztlich bedeuten sie einen Verrat an der Wahrheit. Daher erlaubt unsere Seele, die immer die Wahrheit will, sie uns nur dann, wenn triftige Gründe oder Notwehr uns dazu zwingen – nicht aber bei Gedankenlosigkeit oder Bequemlichkeit.

 

So müssen wir laufend einen Kompromiß finden, mit dem wir existieren können: einerseits so viel Selbstverleugnung, daß unser äußeres Leben nicht gefährdet ist, und andererseits so viel Ehrlichkeit, daß unsere Seele uns weiterleben läßt. Entscheidend ist dabei, daß wir unsere ei­gene Wahrheit nicht leichtfertig verraten, daß wir wissen, was wir tun, und daß wir unser Ver­halten vor uns selbst vertreten können.

 

Wenn wir allerdings die Maske, die wir manchmal bei Gefahr oder aus persönlicher Schwä­che tragen müssen, auch in guten Zeiten aufbehalten, wenn wir ohne dringenden Grund heu­cheln oder lügen, oder wenn wir schließlich an unsere eigenen Lügen glauben, dann wehrt sich unsere Seele und läßt uns leiden.

 

Dieses Leiden besteht, wie jeder aus Erfahrung weiß, in einer gewissen Unzufriedenheit, wenn man sich wieder einmal un­nötigerweise etwas vorgemacht, sich verstellt, sich feige ge­drückt oder seine Gefühle verleugnet hat. Bei ausgeprägten Agrimony-Menschen aber, die fast ständig ihre Probleme verdrängen, Konflikten ausweichen oder ihre Umwelt und sich selbst belügen, kann es sich zu schweren Frustrationen, Depressionen, Vereinsamung oder geheimer Seelenpein steigern. Trotzdem sind sie meistens nur bei ganz erheb­lichem Leidens­druck bereit, etwas dagegen zu unternehmen. Häufig brauchen sie psychotherapeutische Hilfe, die ihnen ihr Verhalten bewußt macht (sie belügen sich ja auch selbst) und sie in die Lage versetzt, es willentlich zu steuern. Erst wenn sie ihre Lebenssituation klar einschätzen und frei entscheiden können, ob und wann sie Unangenehmes verdrängen oder sich gegen ihre Um­welt tarnen müssen, können sie auch, wenn dies nicht erforderlich ist, darauf verzichten. Und je kon­sequenter ihnen dies gelingt, desto stärker wird ihr ei­gent­liches Wesen, das ihnen, trotz aller vermeintlichen Schwächen und Unvollkommenheiten, letztlich mehr Schutz und Sicher­heit gibt als all die vielen Masken, hinter denen sie sich verstecken.

 

Häufige Kombinationen mit anderen Mitteln

Aspen (1+2): Verdrängung von Ängsten oder Ängste durch Verdrängung

Beech (1+3): Künstliche Toleranz

Centaury (1+4): Krankhafte Gutmütigkeit

Cherry Plum (1+6): Verdrängung erzeugt gefährlichen psychischen Überdruck

Chestnut Bud (1+7): Lernschwäche oder Unreife durch Drückebergerei

Larch (1+19): Überspielte oder verdrängte Minderwertigkeitsgefühle

Mimulus (1+20): Überspielte oder geheimgehaltene Angst

Red Chestnut (1+25): Geheime Sorgen

Rock Rose (1+26): Erstarrung in der Panik

Star of Bethlehem (1+29): Die seelische Wunde hinter der fröhlichen Maske

Walnut (1+33): Die totale Selbstentfremdung

Water Violet (1+34): Kontaktprobleme durch Mangel an Offenheit

Wild Oat (1+36): Mangelnde Selbsterkenntnis