Nr. 24: Pine - Die Selbstakzeptanzblüte


Kraftformel:

Ich darf.

Ich verzeihe.

Ich bin befreit.


Kurze Charakteristik

Für Menschen, die unter Schuld­gefühlen und schlechtem Gewissen leiden.

 

Einsatzbereich

Zur Basisbehandlung bei: Schuld­gefühlen, moralischen Zwängen, Selbstverurteilung, Selbstablehnung, Autoritätshörigkeit, krank­­haftem Perfektionismus.  Bei allen krankhaften Störungen, die mit Schuldgefühlen einhergehen oder davon ausgelöst wurden.

 

Im täglichen Leben bei: Gewissensbissen, Pingeligkeit, Skrupeln.

 

Ursprung und Bild des Pine-Syndroms

Die Anlage besteht in einem moralisch eingefärbten Idea­lismus und der Tendenz, sich in den Dienst einer überge­ordneten Instanz zu stellen, beziehungsweise einer Angst vor Stärkeren.

 

Bei harmonischer Entwicklung entsteht daraus ein Mensch, der sich in seinem Denken und Handeln stets an hohen mo­ralischen Werten und Idealen orientiert und aus dem Gefühl lebt, daß es eine überpersönliche oder »göttliche« Instanz gibt, der gegenüber er verantwortlich ist. Wenn er etwas als richtig erkannt oder sich zu etwas verpflichtet hat, ist er davon weder durch Versprechungen noch durch Drohungen abzu­bringen. Lieber würde er große Nachteile oder Leiden er­tragen, als von seinen Pflichten abzuweichen oder den zu verraten, in dessen Dienst er sich gestellt hat. Das kann »Gott«, eine Institution, eine Gemeinschaft, eine Idee oder ein einzelner Mensch sein – vorausgesetzt, sie erscheinen ihm verehrungswürdig und integer. So gilt er als loyal, zuver­lässig, unbestechlich und anständig.

 

Unter ungünstigen Umständen wird aus dem angeborenen, klaren Wissen um sinnerfüllte Verantwortung ein unbegrün­detes oder übertriebenes Schulddenken. Dies wiederum führt dazu, daß der Pine-Mensch die wohlüberlegte und selbstbe­wußte Orientierung an hohen Werten verliert und statt dessen zwanghaft jede irgendwie moralisierte Forderung, die an ihn gestellt wird, zu erfüllen versucht – und nicht nur das, son­dern er sucht geradezu danach.

 

Darüber hinaus aber verwandelt sich bei ihm der Wunsch nach Tadellosigkeit und Anständigkeit in ein fortwährendes, quälendes Unzulänglichkeitsgefühl. So leidet er übertrieben oder unbegründet unter Schuldgefühlen, schlechtem Ge­wissen oder Perfektionszwang. In diesem Zustand kann er sich mit seinen Leistungen nicht zufriedengeben und meint oft, er tue nicht seine Schuldigkeit. Dieses Gefühl, jemandem etwas zu schulden, ist der Grund dafür, daß er sich schuldig oder sündig fühlt, wobei es kennzeichnend ist, daß er, statt sich vor überzogenen Ansprüchen zu drücken oder negative Erwartungen zu verdrängen, geradezu davon angezogen wird. Es scheint, als sei er süchtig danach, sich zu beschuldigen.

 

Daß dabei die Fähigkeit, Lebensfreude zu empfinden und zu verbreiten, verlorengeht, versteht sich von selbst. Daher sind jene Pine-Typen, die sich mit einer gewissen Selbstge­fällig­keit ständig selbst schlecht machen oder mit ihren scheuß­lichen Schuldgefühlen auch andere anstecken, unerfreuliche Zeitgenossen und keineswegs vorbildlich. Schuldgefühle zu pflegen ist kein Zeichen von hoher Moral und Tugend, son­dern krankhaft und krankmachend, was jeder aus eigener Erfahrung weiß.

 

Wirkungsrichtung der Pine-Essenz

Pine ist das Mittel gegen Schuldgefühle. Es baut schlechtes Gewissen, Schuldkomplexe und zwanghaften Perfektionismus ab. Es fördert Selbstbejahung, Selbstverantwortlichkeit und geistige Unabhängigkeit. Pine sollte nicht nur bei aktuellen Beschwerden, sondern auch zur grundlegenden Charakter­therapie eingesetzt werden. Indem dadurch die Fähigkeit verbessert wird, sich natürlich und »unschuldiger« seines Lebens zu erfreuen, verschwinden oft auch moralisch be­dingte sexuelle Probleme.

 

Psychologisch-therapeutische Anmerkungen

Man kann nicht über Schuldgefühle reden, ohne sich gründ­liche Gedanken über das Phänomen Schuld gemacht zu ha­ben, das eine der häufigsten Krankheitsursachen des christ­lich erzogenen Menschen darstellt. Wer in unsere Kultur hi­neingeboren wird, für den ist das Gefühl, schuldig zu sein und schuldig werden zu müssen, fast schon selbstver­ständ­lich, da er immer wieder mit Forderungen konfrontiert wird, die er wegen ihrer Natur- und Lebenswidrigkeit kaum erfüllen kann.

 

Schuldig wird man ja, wenn man eine Schuld nicht abträgt beziehungsweise eine Verpflichtung oder ein Gesetz nicht erfüllt. Dieser Umstand allein wäre relativ bedeutungslos und nur theoretisch, wenn er nicht mit einer schmerzhaften Kon­se­quenz verknüpft wäre: der Strafe! Erst diese macht aus der Schuld ein ernstzunehmendes und furchterregendes Phäno­men, das man möglichst zu vermeiden sucht.

 

Das Schuld-Strafe-System ist ein sehr wirkungsvolles Instru­ment zur Steuerung des Menschen, denn es ist ziemlich ein­fach, jemanden schuldig und damit bestrafbar zu machen: Man braucht ihm nur aus einer überlegenen Position heraus etwas abzuverlangen, was er nicht erfüllen kann oder will. Schon in frühester Kindheit machen wir mit diesem System schmerzliche Bekanntschaft. Wir erfahren in Form von Be­strafung, daß es Grenzen gibt, die wir nicht übertreten dürfen, und Forderungen, die wir erfüllen müssen. So leben wir in ständiger Angst vor der Strafe, die sich, da sie immer mit unserer angeblichen Schuld begründet wird, mit dieser in unserem Denken untrennbar verbindet. Sie wird immer dann aktiv, wenn wir merken, daß wir nicht so sein können, wie man es von uns verlangt.

 

Üblicherweise wird diese Emotion »Schuldgefühl« genannt, was den Eindruck hervorrufen soll, man fühle – aus einer Art höherem sittlichem Sinn (dem »Gewissen«) heraus -, daß man schuldig geworden ist. In Wirklichkeit steckt aber keine höhere Moral dahinter, sondern nur die schlichte – und ganz natürliche – Angst vor Strafe. Gäbe es keine Strafe, so hätte niemand ein schlechtes Gewissen.

 

Um überleben zu können, muß der Mensch »wohlerzogen« werden und alle Gebote beziehungsweise Verbote, die ihm seine übermächtige Umwelt auferlegt, erfüllen. Wenn ihm dies trotz allem guten Willen nicht gelingt (weil sie ihm zu sehr gegen den Strich gehen oder zu große Selbstverleug­nung erfordern), entwickelt er – als Ausdruck seiner Angst vor der Strafe – »Schuldgefühle«, die um so stärker ausfallen, je empfindsamer er ist und je schmerzlicher die bisherige Be­strafung war.

 

Die christliche Kirche setzt dieses Schuld-Strafe-Angst-System besonders extrem ein, indem sie vom Menschen verlangt, daß er sein Leben dem Verzicht, der Entsagung, der Selbstver­nei­nung und der Pflicht weiht sowie moralische Dogmen aner­kennt, die gegen sein natürliches Empfinden, gegen sein Be­dürfnis nach kreatürlicher Lebensfreude, persönlicher Selbst­verwirklichung und geistiger Freiheit gerichtet sind. Diese For­­derung wird ganz irrational durch die Behauptung be­gründet, Christus sei für uns wegen unserer unendlichen und von uns selbst nicht wiedergutzumachenden »Sünden« am Kreuz gestorben, weshalb wir zwar erlöst, gleichzeitig aber in eine noch tiefere Schuld »Gott« gegenüber geraten seien und unser Leben eigentlich im Büßergeist verbringen müßten.

 

Unter diesen Umständen kann es nicht ausbleiben, daß sich der christliche Mensch als Dauerversager und ewig Schuldi­ger fühlt. Er bekommt ein schlechtes Gewissen, wenn es ihm gut geht, und ist eher bereit, auf Lebens-freude zu verzichten, als nach ihr zu verlangen. Hinzu kommt die ständige Furcht vor einem allwissenden Gott, der angeblich die Mißachtung seiner Verbote unnachsichtig bestraft. Daß dieser herrsch­süch­tige, kleinliche und gar nicht »liebe« Gott aber auffallend jenen Menschen ähnelt, die dieses Bild von ihm entwerfen, wagt sich der normale Christ kaum einzugestehen. Obendrein hindert ihn die geschickte Verknüpfung von religiöser Ehr­furcht mit kreatürlicher Straf-Angst daran, seine angebliche Schuld einer genauen Prüfung zu unterziehen. Dabei würde er schnell bemerken, daß die angeblich göttlichen Ver- oder Ge­bote in Wirklichkeit vor allem dem Interesse derer dienen, die sie verkünden.

 

Sind es nicht immer die Mächtigen, die den Schwachen Ge­horsam predigen, die Besitzenden, die den Habe-
nichtsen den Diebstahl verbieten, die prüden Sexualfeinde, die das natür­liche Geschlechtsleben verteufeln, die Ordnungsfanatiker und Zwangscharaktere, die das spontane, unverplante Element im Leben der Menschen ausrotten wollen?

 

Der Pine-Mensch ist für das Schulddenken besonders anfällig, weil er eine sehr beeindruckbare, sympathie-bedürftige psy­chi­sche Struktur besitzt. Aus Unsicherheit versucht er, sich das Wohlwollen seiner Mitmenschen dadurch zu sichern, daß er nach ihrer Pfeife tanzt, und inneren Halt dadurch zu be­kom­men, daß er fremde Verhaltensnormen zwanghaft und ge­nau übernimmt. Aufgrund seiner Empfindsamkeit hat er Furcht vor jedem, der sich gefühl- und rücksichtslos durch­setzen kann, und neigt dazu, sich jeder Macht und Autorität unter-zuordnen.

 

Hierin liegt auch der Grund seines religiös eingefärbten Schuldgefühls: jener »Gott«, vor dessen Strafe er zittert, ist in Wirklichkeit nur eine Abstraktion aller Autoritätspersonen, die ihn bisher gestraft und unterdrückt haben. Die Angst vor ihnen steckt ihm so sehr in den Knochen, daß er seine, der Kindheit entstammende Rolle auch als Erwachsener nicht in Frage zu stellen wagt.

 

Er muß aber, wenn er von seinen »Schuldgefühlen« frei­werden will, diese Hintergründe kennen und sich auch die folgende Tatsache klar machen: »Schuld« und »Sünde« konnten in der gesamten Menschheitsgeschichte trotz un­menschlicher Unterdrückungen und Bestrafungen nicht aus der Welt geschafft werden. Das zeigt, daß ein elementarer, für die menschliche Existenz unverzichtbarer Faktor dahinter­steckt.

 

Welche Kraft treibt uns unwiderstehlich, jene Gesetze und Verbote zu mißachten, die man uns auferlegt?

 

Es ist unser Drang nach persönlicher Selbstverwirklichung und Lebensfreude (die allerdings ganz subjektiv und indi­viduell ist und weder genormt noch von einem Außenste­henden bestimmt werden kann). Der Mensch kann ja gar nicht anders, als »schuldig« werden, wenn man ihm etwas verbietet, wozu er bestimmt und veranlagt ist, oder anders gesagt: Wenn er nicht so sein und handeln darf, wie er sein und handeln muß. Man kann dazu, wie es die christliche Re­ligion oft tut, anmerken, der Mensch sei eben von Natur aus ein gefallenes, schlechtes Geschöpf, das immer sündigen und daher auch immer Buße tun muß. Man kann es aber auch so sehen: Schuld und Sündigkeitsgefühle erzeugen Leid und machen krank; also können sie weder natürlich noch gesund sein und müssen, wenn wir uns unseres Leben erfreuen wol­len, wie eine Krankheit überwunden werden. Was ist denn besser und »gottgefälliger«: Freude oder Leid?

 

Besteht lebendiges Leben nicht in Freude, Lust, Bejahung und sträubt sich nicht unser natürlicher Instinkt dagegen, uns quälen zu lassen oder unnötigen Verzicht zu leisten? Ist Ver­zicht nicht ein Verwandter des Todes (der, konsequent aus­geübt, ja auch zum Ende führt)?

 

Sich mit diesen so einfachen und selbstverständlichen Er­kenntnissen anzufreunden ist für den Pine-Menschen von entscheidender Bedeutung, weil er sich sonst nicht aus dem Teufelskreis seiner lebensverneinenden, leiderzeugenden Schuld-Strafe-Verzicht-Moral befreien kann, weil er sonst immer wieder versucht, das Leben selbst, das sich doch auch in seiner angeblichen Sünde und Verfehlung verwirklicht, zu bekämpfen und sich in zwanghafter Überperfektion oder Über­anpassung gegen Bestrafung abzusichern.

 

Dabei versucht mancher, aus Angst vor einem eventuell ent­stehenden schlechten Gewissen in minutiösem Gehorsam allen Erwartungen gerecht zu werden, die an ihn gestellt wer­den. Solange ihm dies gelingt, bleibt sein Schuldgefühl (die Straf-Angst) natürlich stumm, was er dann als »gutes Ge­wissen« empfindet. Es taucht aber beim kleinsten »Aus­rutscher« wieder auf.

 

Doch eine Erkenntnis ist wichtig: Der Mensch ist nicht Herr über sein Leben, er hat es sich nicht gegeben und kann sein Schicksal nicht bestimmen. Er kann nur – bewußt oder unbe­wußt – das vollziehen, was ihm bestimmt ist, kann nur so sein, wie es ihm gegeben und wie er veranlagt ist. Deshalb ist er im Grunde nicht verantwortlich für den »Gang der Dinge«, wozu auch das gehört, was durch ihn geschieht. Niemand kann vorsätzlich und be-
wußt schlecht handeln, jeder macht es immer so gut, wie er es unter Berücksichtigung aller dabei mitwirkenden Umstände tun kann.


Alles Positive in unserem Leben – Freude, Liebe, Gesundheit, Schönheit – wird dadurch hervorgerufen, daß wir unserer inneren Stimme, unserer Sehnsucht und unserem unmittel­baren Fühlen folgen; Traurigkeit, Leid und Krankheit aber zeigen, daß wir tatsächlich oder gedanklich von unserem persönlichen Weg abgewichen sind. Um dies richtig zu ver­stehen, muß man allerdings bedenken, daß, wie alles in unserer Welt, auch die Lebens-freude viele Aspekte hat und daß ihr jeweils höchster auch der wertvollste ist. Wenn wir diesen (und damit unser »Seelenheil«) anstreben, kann es durchaus erforderlich sein, in anderer, weniger wichtiger Hinsicht zu »verzichten«, was wir dann allerdings nicht so empfinden. Denn wer wenig gibt, um viel zu bekommen, ver-
zichtet nicht.

 

 

Häufige Kombinationen mit anderen Mitteln

Centaury (4+24): Aufopferung aus Schuldgefühl

Cerato (5+24): Unsicherheit aus Angst vor schlechtem Gewissen

Crab Apple (10+24): Moralisch eingefärbter Sauberkeitszwang

Mimulus (20+24): Angst vor Schuld

Oak (22+24): Unnachgiebiger Perfektionismus

Red Chestnut (24+25): Sorgen durch schlechtes Gewissen

Rock Water (24+27): Zwanghafter Perfektionismus

Star of Bethlehem (24+29): Unverarbeitetes Schuldtrauma

Walnut (24+33): Abwehrschwäche gegen Beschuldigungen

White Chestnut (24+35): Schuldbetonte Zwangsgedanken